MASTER DINNER: WOHIN MIT DEM GRIECHISCHEN WEIN


Es war ein wirklich schöner Abend. Die Location - der mit Stern gekrönte Königshof in München - von ausgesuchter kulinarischer Qualität. Die Weine - ausgesucht vom Master of Wine Yiannis Karakasis - hatten große Klasse. Und trotzdem: Das ‚Master Diner Wines of Greece‘ hinterließ einen etwas zwiespältigen Eindruck. Denn einige, wie ich meine die wesentlichen, Fragen zum Thema griechischer Wein in Deutschland blieben (noch) unbeantwortet. 


Dann wollen wir mal kurz die Fakten runterrasseln: 78 Rebsorten werden aktuell in Griechenland wirtschaftlich genutzt, 220 sind bekannt, es gibt aber wohl wesentlich mehr. Allen geht der Ruf voraus, vor allem erstklassige Essensbegleiter zu sein. Das lässt sich in der Breite nicht in Deutschland verifizieren: Leider sind die wirklich guten griechischen Weine kaum erhältlich, hier hat der einfache Wein aus Samos die Hoheit. Das liegt auch an nicht vorhandenen Vertriebsstrukturen. Der Großteil des griechischen Weins wird beim griechischen Lebensmittelhändler ums Eck vertickert. Und da ist vor allem Wein aus den unteren Preisregionen gefragt. Was für anspruchsvolle Weinfreunde ausgesprochen blöd ist - denn der Stoff aus den oberen Preis- bzw. Qualitätssegmenten ist ziemlich geil. Aber daran arbeiten die Griechen, schliesslich ist Deutschland mit einem Exportanteil von über 30% immer noch der wichtigste Markt.

Noch ein hervorragender Malagousia: Porto Carras
Um konkret zu werden: Der erste Flight wurde zu Belon-Austern mit Mandarine und Zitrus Schaum gereicht. Wein 1 war ein 2015 Santorin Assyrtiko der Vassaltis Vinery. Dass dieser Wein nicht im Holz lag, ist schwer vorstellbar. Dick, fast ölig, kreist er im Glas, mit Luft gewinnt er Rasse, wird leicht mineralisch, die pikante Säure macht ihn lebendig, er hinterlässt ein bleibendes Salzgefühl im Mund. Eine ungewöhnliche Kombination aus Schmelz und Salz. Er bildet einen spannenden Kontrast zur Auster. Wein 2 war ein 2016 Plano Malagousia aus dem Anbaugebiet PGI Macedonia. Der Plano lässt im ersten Moment auf Sauvignon Blanc oder Scheurebe tippen, aber nur ganz kurz. Denn dann zeigen sich deutliche Traubennoten, jetzt kommt sofort Muscat a petit grains in den Sinn. Trocken ausgebaut natürlich. Dieser Eindruck ist vor allem in der Nase präsent, denn im Mund ist der Wein ziemlich straff, er zieht schön nach hinten durch. Vor allem die milderen Aromen der Mandarine im Dressing passen sich hervorragend an. Stellt sich wie so häufig die Frage nach der Speisebegleitung - will ich den Kontrast (Wein 1), den nicht selbstverständlichen Austausch, die Spannung zwischen differenten Geschmackskomponenten - oder soll es so wie bei einem guten Team, also alles harmonisch sein (Wein 2)? Egal wie die persönliche Wahl ausfällt, hervorragend und passend waren beide Weine. 

Belon Auster // Mandarine // Zitrusschaum
Ein ähnliches Bild zeigte sich auch im zweiten Flight, zur Riesengarnele mit gelben Linsen und Curry traten an: 2015 Akotiri aus Santorini von der Domaine Sigalas und der 2015 Malagousia aus Halkidiki von der Domaine Porto Carras. Der Erste hatte zunächst einen kleinen Spontistinker. Kräftig gebaut mit 15,1° Alkohol, aber perfekt balanciert. Erstaunlich frisch im Mund, natürlich brennt der Alkohol ein wenig am Zahnfleisch, aber wenn man sich einredet, es wäre Mineralität, dann passt es. Und im Mund, mit der Garnele, da geht die Post ab. Die zwei haben regelrecht aufeinander gewartet, die nussigen Noten der Garnele und der satte Schmelz des Weins verbinden sich perfekt. Die süsse Würze der Curry-Linsen puffert den mineralischen Druck ab. Einfach: Perfect match! Die Vanille-Malo Nase des zweiten Weins erinnert entfernt an Condrieu und will erobert sein. Mit der Garnele zickt er ein wenig rum, um überhaupt durchzukommen muss er ganz dringend die Pfirsich Karte spielen. Am Ende passt es aber auch hier sehr gut zusammen, es liegt hier wahrscheinlich an der Currywürze, das es nicht profan sättigend wird. Sei’s drum, beide Weine sind wieder ein Beleg für die Eingangsthese: Griechische Weine laufen mit anspruchsvoller Küche zu Hochform auf. Und zwar immer dann, wenn sich die Winzer auf ihre Rebsorten verlassen. Und genau darüber müssen wir reden. Das zeigte der nächste Gang.

Riesengarnele // Krabbentartar // Linsen // Curry      
Es gab einen Fischgang, gebratener Wolfsbarsch mit Topinambur und Nussbutter.  Dazu gereicht wurden 2015 Ovilos White aus dem Anbaugebiet Pangeon von Biblia Chora, eine Cuvée aus Assyrtiko und Semillion, und der 100% Chardonnay 2015 aus Epanomi von Gerovassiliou. Es wurde also international. Und mir altem Nörgler stellte sich sofort die Frage: Per que? Natürlich ist das technisch gut gemacht, die Griechen sind ja nicht auf der Brennsuppn daher geschwommen. Aber ich brauche das nicht wirklich, diese Allerweltsweine mit austauschbaren und verwechselbaren Identitäten. Nicht aus den USA, nicht aus Italien, nicht aus Griechenland. Vor allem der Chardonnay erinnerte mich an einen der besseren Jahrgänge des Pomino von Frescobaldi. Und der erste Wein könnte auch ein weißer Bordeaux sein, mit seiner deutlichen Semillion Prägung. Zugegeben: Ein ziemlich guter, trockener Bordeaux, mit einem Hauch von eigenständigem Charakter. Was ganz sicher auch an den 50% autochthonen Assyrtiko liegt. Aber an einer gewissen Austauschbarkeit ändert auch das nichts. 

Wolfsbarsch // Topinambur // Nussbutter
Was mich anmacht sind nicht Weine, die technisch perfekt sind, von mir aus auch spannend, fordernd oder delikat, denn sie können trotzdem auch langweilig sein. Vor allem, wenn sie nicht für das Land oder die Region stehen, aus der sie kommen und die ich erwarte. Was mich anspricht, ist die berühmte Authentizität. Autochthone Rebsorten, die auch eine eigenwillige, gewöhnungsbedürftige Aromatik haben dürfen, die fordern und polarisieren. So wie im fünften Gang, einem Poltinger Lamm mit Aubergine und weissen Bohnen. Vor allem der 2013 Diaporos aus 92% Xinomavro von Kir-Yianni hatte Grip, Würze und machte schon in der Nase ein selbstbewusstes Statement. Im Mund zeigte er sich ziemlich schlank, das Tannin war ein bisschen trocknend. Aber er stürmt regelrecht durch den Mundraum, hat einen irren Zug, der Bursche. Er braucht wahrscheinlich noch ein wenig Zeit, ich würde sie ihm geben. Master of Wine Yiannis Karakasis spricht bei der Vergleichbarkeit von Barolo, ich bin viel mehr bei Madiran. Der Wein kann was, Kollegen, vor allem im Kontext mit kräftiger Aromenküche. Mit dem zweiten Wein - 2013 Xinomavro Reserve Vielles Vignes von Alpha Estate -  war ich weniger glücklich. Er hatte so eine störende Überreife in der Nase, wirkte leicht oxidativ. Das animiert nicht zum Trinken, naja, nicht zum Saufen, würde ich sagen. Wundert mich ein wenig, denn Alpha Estate ist ein ziemlich modernes Weingut mit internationaler Reputation. Aber genau diese Ausgabe schmeckt falsch, riecht ein wenig old-school. Wenngleich es im Mund noch halbwegs gut war. 

(Hintergrund:) Lammsattel // Aubergine // Weisse Bohnen
Spätestens jetzt sollte man über ein weiteres Thema sprechen: Der Abend im Königshof war großartig, es gab erstklassige griechische Weine zu französisch inspirierter Hochküche von einem steirischen Koch in einem deutschen Restaurant. No Greece on the plate. Denn es gibt in München derzeit kein Restaurant mit griechischer Küche, das zu diesen hochklassigen Weinen gepasst hätte, das adäquat hätte kochen können. Was für Italien, Frankreich, Deutschland, ja sogar Spanien kein Problem ist, funktioniert - zumindest in München - nicht mit Griechenland. Wo ist die moderne griechische Küche, die aus den wunderbaren Produkten, die Griechenland zweifelsfrei zu bieten hat, überraschende, ungewöhnliche, inspirierende Gerichte kreiert? Viel verlangt, ich weiss. Aber ich bin so verwegen zu behaupten, dass genau das auch dem griechischen Wein auf die Sprünge helfen würde. Und seine Verfügbarkeit erhöhen würde. 

Ich wäre gerne dabei.

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