KOMMANDO EDDI ODER WIE DAS WEINVIERTEL NACH BERLIN KAM



Berlin ist seit ein paar Jahren der kulinarische Hotspot der Republik. Da können sich München, Köln, Hamburg oder Frankfurt aufführen wie sie wollen. Interessanter, verwegener und gekonnter wird in dieser Breite nirgends aufgetischt. Und auch in Sachen Wein hat das dicke B mächtig aufge- wenn nicht sogar überholt. Sicher, da war auch ein extremer Nachholbedarf. Der ist aber seit Jahren und seit Rutz, Cordobar, Planet Wein, Bandol sur mer und vielen anderen mehr als wett gemacht. Das hat sich sogar bis ins österreichische Weinviertel herumgesprochen, weshalb die munteren Damen und Herren sich auf den Weg machten. So ein boomender Absatzmarkt bietet viele Möglichkeiten.


Es kommt vor, das ich mir denke: Kann man sich wirklich nicht ausdenken sowas. Die Geschichte mit dem Eddi zum Beispiel. Der Eddi ist LKW-Fahrer. Und in dieser Funktion wurde er beauftragt, eine Fuhre bester Weinviertler Weine nach Berlin zu fahren. Bekanntermaßen gibt es vor allem in Berlin-Mitte so gut wie keine Parkplätze, da wird ja immer noch überall gebaut. Das hat auch Eddi im fernen Weinviertel gehört. Nett blöd wie er ist, fährt der Eddi deshalb halt die Nacht durch, um am nächsten Morgen seine baccantinische Fracht in der Kalkscheune, direkt hinter dem Friedrichstadtpalast, abzuliefern. Was soll ich sagen - der Bursche war pünktlich. Super pünktlich. Und wartete geduldig bis ihm die Ware vom Laster geholt wurde. Just in time, nennt man sowas. 


Ein gutes Zeichen und das Stichwort für die Weine des Weinviertel, denn auch sie passen in die Zeit. Gastronomisch vielseitig, preislich auf dem Boden, genau die richtige Mischung aus Aroma und Struktur. Trotzdem ist das Weinviertel nicht wirklich bekannt in Berlin, dabei sind Österreicher in der Berliner Gastronomie überaus präsent. Wie zum Beispiel der Willi Schlögl, Gerhard Retter oder Mathias Brandweiner aus dem Sofitel. Besagter präsentierte seinen Workshop im besten österreichischen Sinne: Sehr charmant, mit a bisserl Schmäh und viel Sachkenntnis. Der Mann war eine echte Entdeckung in seiner sympathischen Art.


Es ist ja auch kein Geheimnis, dass ich häufiger mit den Weinen des Weinviertel in Berührung komme. Umso erstaunlicher, dass ich immer noch Neues entdecken kann. Wie zum Beispiel Herbert Studeny. Den Herrn und sein Weingut kannte ich bisher noch nicht, was sich gelinde gesagt als Fehler herausstellte. Die ganze Range seiner Weine war sehr klar, sauber, eher von Mineral als von Frucht geprägt. Sein Weinviertel DAC Grüner Veltliner mit richtig Druck am Gaumen, fein würzig, weniger Pfeffer als vielmehr Nuss-, und Rosmarin-Würze. Lässt sich jetzt erstklassig picheln, kann aber auch vorausschauend weggelegt werden. Ich bin mir sicher, der hat Potential für 5 schöne Jahre. Kostet ab Weingut um die sechs Euro. Die Krone des Sortiments ging aber an seine Welschriesling TBA mit 220 Gramm Restzucker und richtig nerviger Säure. Dabei ist das Weinviertel eigentlich nicht wirklich bekannt für edelsüsse Weine. Der hier kostet etwas über 20 Euro, ist wahrscheinlich ewig haltbar, aber bei einem Trinkfaktor von 100 würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass er über die nächsten Jahre kommt. 


Er hat sich also wirklich gelohnt der kleine Ausflug an die Spree. Nicht nur für mich, die Berliner Weinfreunde und die Weinviertler Winzer. Sondern auch für den Eddi. Er ist gleich nach der Veranstaltung noch am selben Abend wieder retour gefahren. Nachdem er den Nachmittag über bei seinem Cousin auf der Couch ein wenig ausgeruht hatte. Iss schon a ganz a Wilder, der Eddi. 


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