SHERRY MASTERCLASS: ERKENNTNISSE DER BESONDEREN ART


Ich trinke seit über 30 Jahren Wein, beschäftige mich mit Herkunft und Erzeugung, mit Rebsorten und Ländern. Trotzdem gibt es ein paar Weine, oder besser Weinregionen, die im Laufe meiner vinologischen Erkundungen auf der Strecke geblieben sind. Nicht vorsätzlich, aber irgendwie sind sie nie richtig in den Fokus gerückt. Einer dieser Weinregionen ist Sherry. Höchste Zeit also, dem Thema ernsthaft auf den Grund zu gehen.


Faszinierende Farbenspiele | Gereifte Sherry

Das Stefan Metzner echt Ahnung von Sherry hat, dürfte spätestens seit dem Gewinn der „Copa Jerez“ bekannt sein. Vor fast drei Jahren hatte ich hier auf dem Blog schon darüber berichtet. (hier:) Das damalige Siegermenü wurde auch jetzt noch einmal gekocht, soviel sei gesagt, es ist immer noch absolut faszinierend zu sehen und zu schmecken, wie hervorragend die unterschiedlichen Sherry die drei Gänge begleiten. Vor allem das chilischarfe Desert in Kombination mit unfassbar süßem Pedro Ximénez "Néctar" von González Byass (um die 370 gr. Restzucker!) ist immer wieder ein Erlebnis. Aber diesmal sollte es ja um den Sherry in seinen verschiedenen Reife- und Produktionsstufen gehen. 

Ehrenwort - das System einer Solera habe ich verstanden! | Stefan Metzner erklärt

Erste Erkenntnis: Sherry ist in aller Regel eine knochentrockene Geschichte. Vor allem wenn der Wein als Hauptrebsorte Palomino enthält. Süße bringt die Rebsorte Pedro Ximenez (unter Kennern: PX genannt), die je nach Sherry-Typ in mehr oder weniger großer Menge mit in die Cuvée kommt. Trockene Sherry sind ausgezeichnete Speisebegleiter. Keine Frucht, viel Struktur, null Restsüße. Vor allem für aktuelle Küchentrends, Stichwort: Nordic Cuisine, gibt es kaum eine bessere Begleitung. Und da Weine wie die Finos, die wir zum Einstieg probierten, auch relativ günstig zu erwerben sind, sollte einer größeren Verbreitung eigentlich nichts im Wege stehen. Sollte. Denn:

Die Palmas Serie von Tio Pepe | Gereifte Fino Sherrys

Zweite Erkenntnis: Sherry wird in aller Regel schlecht behandelt. Dieser Weintyp gehört nicht zu den besonders gefragten Weinen. Dementsprechend lange bleiben in der Gastronomie, einmal geöffnete Flaschen im Ausschank, oft über Monate hinweg. Man stelle sich vor, dasselbe würde mit einem trockenen Rieslinge geschehen. kein Gast würde mehr nach Riesling fragen, schlicht weil das Risiko einen überalterten Wein zu erhalten zu groß wäre. Genau das wird trockenem Sherry aber zugemutet. Aber auch hier gilt: Eine geöffnete Flasche am Besten innerhalb einer Woche austrinken. 

Manzanilla | Pantelleria Kapern | Makrele | Shiso Kresse
Austern | Manzanilla-Jambon Schaum


Dritte Erkenntnis: Wirklich einfach wird das System ‚Sherry‘ auch nach den ausgesprochen verständlichen und gleichzeitig fundierten Ausführungen Stefan Metzners doch nicht. Denn hat man das Prinzip ‚Fino - Oloroso‘ verstanden, fangen die Kellermeister in Jerez mit dem Zusammenstellen von Weinen aus verschiedenen Soleras und Rebsorten an. Das wird zwar streng kontrolliert und ich denke auch nicht, daß dabei planlos vorgegangen wird. Aber die Mischung aus Qualitätsstufen und erdachten Eigennamen macht es dem Einsteiger nicht wirklich leicht. 

Softshell Crab | Sardinenpanade
Gefüllte Gaeta Olive | Walnussmayonaise

Vierte Erkenntnis: Ich liebe gereifte Sherry! Nach dreißig Jahren werden für mich die Weine aus Jerez so richtig interessant. Der Palo Cortado „Apostoles“ aus einer 30-jährigen Solera ist mein Wein. Das liegt vielleicht auch daran, das mit 13% PX in der Cuvée eine feine Süße in den Wein kommt. In Summe ein fülliger, sehr komplexer Wein, Trockenobst trifft Cold Brew Kaffee, von großer Finesse und mit ewig langem Finale. Das ist natürlich kein Wein zum Zwischendurchtrinken. Aber Junge macht das Spass, wenn man Zeit und Muße hat. 

Bisonbacken | Risotto | Wasabi-Zucchini Blüte | Rote Bete


Fünfte Erkenntnis: ‚Anadas‘ sind nicht jedermanns Sache. Das müssen und können sie auch nicht. Aus dem einfachen Grund: Diese Jahrgangssherry sind praktisch nicht erhältlich und werden auch kaum gemacht. In aller Regel gibt es nur ein bis zwei Fässer aus besonders geeigneten Jahrgängen, die verfügbare Menge bewegt sich also in der Größenordnung von 500 bis 3.000 Flaschen p.a.. Entsprechend rar sind diese Weine, die ersten Anadas die das Haus Tio Pepe auf den Markt brachte, kamen 1994 in den Handel. Jahrgang: 1963! Wir verkosteten in der Masterclass den 1964 (Dörrdatteln|Salz|Bitterkeit|Fordernd), 1978 (Gummi|Rotkohl|Zimt) und 1987 (Frische|Citrus|Kaffee|Komplexität). Vor allem der 67er hätte als Gewürz eine bessere Figur abgegeben, das war mir schon eine Spur Umami zuviel. 

Trotzdem: In Summe ein ausgesprochen faszinierender Abend, das Thema Sherry wurde wirklich durchleuchtet. Nur schade, daß er in Deutschland sowenig Freunde hat. 

Guanaja Schokolade | Walnuss-Feigen Salat | Piment d'Espelette Karamell

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